Übung 1116 "Der Bäcker zu Dortmund"

 

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Die schönsten deutschen Heimatsagen

Der Bäcker zu Dortmund


Vor vielen, vielen Jahren hat zu Dortmund reicher Bäcker gelebt, der hat zwar keinen Gottesdienst versäumt und ist in Kirche immer der Andächtigste gewesen, allein dabei blieb Herz doch hart wie Stein. Er hatte durch Wucher und Kornaufkaufen große Menge Geld zusammengebracht, das er in vielen großen Säcken in Keller verborgen hatte. Armen hat er aber nie mehr gegeben als höchstens Stückchen halbverschimmeltes Brot und einzige Schwester, die Witwe armen, aber braven Leinewebers, hat er samt ihren Kindern hungern und darben lassen und mit großen Worten, als sie nach dem Tode ihres Mannes um eine Unterstützung bat, von seiner Türe gewiesen.

Da ist einmal eine schlimme Pest und nach ihr große Teuerung in ganz Westfalen entstanden, so dass die Armen das Korn nicht mehr bezahlen konnten und das ganze Land voller Bettelleute war. Bei dem Bäcker aber war keine Not. Er buck Brot immer kleiner und ließ es sich immer teurer bezahlen und Scheuern und Böden waren voll Getreide bis zum Hahneballen hinauf, aber er verkaufte es darum doch nicht, sondern hoffte, daß bis zum Winter die Kornpreise um Doppelte steigen würden.

Da lag er einst um die Mittagszeit auf Bett, um von der Morgenarbeit etwas auszuruhen, als langsam an Türe geklopft wurde. Er rief herein und siehe, vor ihm in Lumpen gehüllt stand elende magere Frau und bat um Gabe. Es war Schwester, die er aber nicht erkannte, so hatte sie sich in den letzten Jahren verändert. Da er nun glaubte, es sei gewöhnliches Bettelweib, so hetzte er in Wut über diese Störung seiner Mittagsruhe großen Hund auf sie, der unter dem Bett lag. Die Frau aber rief nun mit flehender Stimme bei seinem Taufnamen und bat , er möge , die an der Pest alle ihre Kinder verloren habe, doch nicht von sich stoßen, sondern ihr Ruhestätte in seinem Hause gönnen und sie vor Hungertode schützen. Da erwiderte der böse Bruder mürrisch: "Gut denn, Plätzchen in meinem Hause sollst du haben, ich weiß aber nicht, ob es nach Geschmacke sein wird, und Nahrung sollst du auch haben!" Damit führte er sie auf Hof und wies auf große leerstehende Hundehütte, zog Stück Weizenbrot aus der Tasche und reichte es ihr. Die arme Verhungerte griff gierig danach und biß hinein, aber das Brot war so hart, daß die Zähne großen Hundes dazu gehörten, um es zu zermalmen. Nach wenigen Augenblicken gab sie es auf und stürzte vor Schwäche zu Boden. Aber ihr harter Bruder ließ sie unbekümmert liegen und wahrscheinlich wäre sie auf dem Fleck gestorben, hätte sich nicht alte Magd ihrer angenommen und hätte sie durch Einflößen einiger Tropfen kräftigen Bieres wieder zu sich gebracht. Diese steckte ihr auch einige Bissen genießbaren Brotes zu und so gewann die arme Frau wieder so viel Kräfte, um zu ihrer Hütte zurückschleichen zu können. Hier sank sie auf ihr elendes Strohlager und betete zu Gott, er möge doch von ihren Leiden erlösen. Und Gott erhörte sie, denn sie schloß ihre Augen, um nie wieder aufzuwachen.

Am andern Tage ist aber in der Stadt Dortmund ein gefährlicher Aufruhr ausgebrochen, der die Reichen und Begüterten in Stadt bedrohte. Das Volk litt große Not und begann deshalb die Häuser derer zu stürmen und zu plündern, die immer noch im Überfluß schwelgten. Auch auf des reichen Bäckers Haus stürmten die Armen los, man drohte es zu plündern und ihn selbst totzuschlagen. Der Bäcker hatte bei ersten Aufruhrgeschrei sogleich Türen und Fenster verrammelt, er selbst aber flüchtete sich in den festen Keller Hauses, wo Schätze lagen und der ihm einige Sicherheit gewähren konnte, da er nicht gleich zu finden war. Sack kleiner Brote und großen Krug voll Wasser nahm er in aller Eile mit sich. Er hoffte auf diese Weise ohne Mangel zu leiden, mehrere Tage ausharren zu können, bis die Ruhe wieder hergestellt wäre. Kaum hatte er die eiserne, mit schweren Riegeln versehene Türe hinter sich geschlossen, hörte er, wie das Volk die Türe Hauses sprengte, hineinströmte, sich darin zerstreute und alles zusammenschlug. Er hatte sich auf Geldsäcke gesetzt und wartete so von Stunde zu Stunde, bis es wieder ruhig werden wollte.

Die Angst ließ ihn Hunger vergessen; als aber der Morgen anbrach, da verlangte die Natur ihr Recht, hungrig griff er in Sack, worin Brote waren, zog eins heraus und wollte hineinbeißen. Aber wehe! es war durch Wunder zu Stein geworden und große Blutstropfen hingen wie Schweißperlen daran. Schaudernd warf er es von sich und ergriff ein zweites Brot, allein auch dieses war verwandelt wie das erste. Er versuchte es mit dritten und vierten, immer dasselbe, sie waren alle zu Stein geworden. Da ließ er den Sack fallen und nahm den Wasserkrug zur Hand, er wollte wenigstens seinen Durst löschen. Entsetzlich! das Wasser war zu Blut geworden. Da fielen ihm alle seine Sünden ein, die er sein Lebtage gegen andere Menschen begangen, er fiel auf die Knie und betete und versprach, er wolle bereuen und für kommenden Tage besserer Mensch werden, ein Wohltäter und Vater der Armen sein.

Als er aber nach beendigtem Gebete wieder in Sack griff und abermals dieselben schrecklichen Wunderzeichen fand, da ergriff ihn schwere Verzweiflung, er wollte Leben selbst Ende machen und seinen Kopf an den harten Steinwänden des Kellers zerschmettern, aber auch diese Wohltat wurde nicht zu Teil. Nach dem dritten Versuch stürzte er betäubt zu Boden. Viele Stunden lag er so; endlich erwachte er wieder. So begannen abermals Hunger und Durst ihn aufs Grimmigste zu plagen, aber Keller wagte er nicht zu verlassen, denn im Hause hörte er Geschrei des wütenden Pöbels, welcher sein Leben wollte. Inmitten Geldsäcke gab er am Abend des andern Tages elendiglich seinen Geist unter großen Qualen auf.

Als nach einigen Tagen die Ruhe wieder hergestellt war, wollte die Magd Bäcker die gute Nachricht bringen. Als sie aus Versteck im Keller keine Antwort hörte, ließ sie die schwere Tür mit Gewalt aufbrechen. Man fand Geizhals mit entstellten Zügen auf seinen Geldsäcken liegen. Das Brot aber war hart wie Stein und voll Blutstropfen, der Wasserkrug mit Blut gefüllt. Der Reichtum geizigen Bäckers fiel, da er keine Erben hatte, an Stadtkasse.